Brief vom 15. April 1765, von Sulzer, J. G. an Veltheim, F. A. v.

Ort: Berlin
Datum: 15. April 1765

Hochwolgebohrner,
Hochzuehrender Herr.

E Hochwolg. haben mir durch Überschikung eines so reichen Sortiments ausländischer Bäume ein Vergnügen gemacht, dafür ich Ihnen unendlich verbunden bin. Sie sind sehr gut angekommen und alle in schönem Stande ausgenommen die beyden Wachsbäume, die etwas ausgetroknet scheinen, doch hoffe ich, daß sie sich noch erholen werden. Nichts würde mir angenehmer seyn, als wenn ich Gelegenheit fände die Reiche Sammlung die E Hochwolg. besizen durch etwas zu vermehren. Als ein Anfänger habe ich zwahr noch keine Bäume, womit ich aufwarten könnte, aber eine schöne Anzahl Sämereyen, welche Hr. Mitchell für mich zu bestellen die Gütigkeit gehabt, erwarte ich stündlich und da es noch die rechte Zeit ist sie zu säen, so übersende hiebey das Verzeichnis, aus welchem E. Hochwol. sich auszusuchen belieben werde, was Ihnen davon anständig oder neü seyn möchte. Hr. Miller schreibt dabey, daß er gefunden, daß die beste art alles fortzubringen diese seyn, daß man die Samen in Töpfen säe, welche man denn in ein mäßig warmes Mistbeeth bringe. Er merkt auch an daß man viele die drey oder vier ersten Jahre etwas in Acht nehmen und den Winter über bedeken müßte. Von den Saamen sind einige Arten in den Wäldern von Amerika gesammelt worden, und von diesen befürchtet er, daß sie nicht alle aufgehen werde. Was ich dabey am liebsten wißen möchte ist der Umstand ob etwa einige Arten schlechterdings einen etwas Leimigen Boden erfordern, denn dieser fehlt mir ganz. Doch mache ich Anstallt etwas von meinem terrain mit solcher Erde etwas aufzuhöhen und es dann durch rigolen zu lassen. Diesen Augenblik kommt das Kistgen mit den Saamen an, so daß ich auf den ersten wink, den Sie mir geben werden, mit den Saamen werde aufwarten können. Ich habe die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu verharren.

E Hochwolgebohren Gehorsamster
Dr JGSulzer

Berl. d. 15 Aprill 1765.

Überlieferung

H: Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Rep. Harbke H 95, Nr. 1859. E: Kittelmann Botanisches und gartenbauliches Wissen in Sulzers (Brief-)Werk 2018

Einschluss und mit gleicher Sendung

Handschriftliches Verzeichnis von Sämereien: Verzeichnis der Americanischen Bäume und Stauden, deren Samen ich aus London bekommen habe)

Stellenkommentar

Reiche Sammlung
Friedrich von Veltheim ist eine der interessanten Persönlichkeiten auf dem Gebiet der botanischen Forschungen im 18. Jahrhundert, insbesondere was den Pflanzentransfer und die systematische Sammlung und Kultivierung fremdländischer Gehölze betrifft. In der Nähe des Schlosses von Harbke legte Veltheim ab den 1760er Jahren Plantagen mit Forstbäumen, mit immergrünen Nadel- und Laubgehölzen an. Die mit nordamerikanischen und anderen ausländischen Gehölzen bepflanzten Plantagen trugen Namen wie »Berg Libanon«, »Ukraine«, »Krim«, »Ontariosee«, »Carolina«, »Neufundland« oder »Fichtelberg«. Das gewonnene Saatgut vertrieb Veltheim über botanische Netzwerke in ganz Europa. Er belieferte unter anderem Fürst Franz in Wörlitz und Prinz Heinrich in Rheinsberg.
Als ein Anfänger
Sulzer hatte 1765 ein Grundstück in Berlin-Moabit an der Spree von Friedrich II. zum Geschenk erhalten. Hier legte er wo in den folgenden Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 1779 einen Garten mit Meierei und eigenem Arboretum an. Seine Anfangsaktivitäten fallen zudem in eine Zeit, in der er mit der Erweiterung und Verbesserung der Gehölzbestände des Berliner Botanischen Gartens betraut war. Sulzer wollte in seinem Garten nordamerikanische Gehölze kultivieren. In Anlehnung an die englische Kolonie Virginia, wo zahlreiche der Pflanzen herstammten, nannte er seine kleine Plantage »meine Virginische Jugend«. Eine nähere Beschreibung der Plantage, die in Berlin schnell Berühmtheit erlangte, findet sich in einem Bericht des französischen Botanikers Jean-Baptiste Thibault, der im Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde wiedergegeben ist. Darin heißt es unter anderem, dass die Pflanzung aus »fünf sehr langen von Morgen gegen Abend streichenden Alleen« bestand.
schöne Anzahl Sämereyen
Von Philipp Miller aus Chelsea. Miller war Leiter des Chelsea Physic Garden, einem der bedeutendsten Pflanzgärten der Zeit. Er unterhielt Kontakte zu Botanikern in der ganzen Welt, sein Garten war der Umschlagplatz für Saatgut und Pflanzen im 18. Jahrhundert. Viele der fremdländischen und exotischen Sämereien wurden hier erstmals kultiviert.
Hr. Miller schreibt dabey
Millers der Pflanzensendung beigefügtes Schreiben konnte nicht ermittelt werden. Vermutlich ist es nicht überliefert.
Hr. Mitchell
Mit Andrew Mitchell, dem englischen Gesandten in Preußen, verband Sulzer eine langjährige Freundschaft.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann
Kommentar: Jana Kittelmann